Dienstag, 16. März 2010

Neuevangelisierung

In einem meiner letzten Beiträge habe ich darüber nachgedacht, daß Deutschland eine Neuevangelisierung braucht. Das ist wahr, klingt aber auch ein bißchen großspurig - weil es nur verkürzt und abstrakt zum Ausdruck bringt, worum es eigentlich geht: Wer eine Neuevangelisierung braucht, ist der Einzelne. Also zunächst ich. Ich muß mich immer wieder zu Christus bekehren. Das ist für mich am Einfachsten, wenn ich Christen begegne, die mir ein Beispiel sein können und die mich überzeugen. Meist sind dies gelassene, fröhliche und tatkräftige Menschen, die zu ihrem Glauben stehen. Wer an der Neuevangelisierung mitwirken will, soll also versuchen, seinen Glauben beispielhaft zu leben. Das ist leicht gesagt, aber in der Praxis schwer: Ich selbst gebe kein gutes Beispiel ab, aber das Ideal möchte ich mir vor Augen halten.

Jetzt blicke ich zurück: Wie habe ich zum Glauben gefunden, nach einer langen Zeit des Agnostizismus und Atheismus? Den Anstoß gaben – ausgerechnet – einige liberale Katholiken aus der „Wir-sind-Kirche“ und  „Nieder mit dem Zölibat!“-Fraktion. Erstaunlich? Heute wundere ich mich darüber, aber damals erschien mir der Unterschied zwischen liberalen und konservativen Katholiken gar nicht so groß: Denn beide identifizierten sich auf ihre Art mit der Kirche und hatten einen Glauben, den ich damals nicht hatte – und das kam mir so exotisch vor, unverständlich, auf merkwürdige Art altmodisch, daß ich wissen wollte, was dahintersteckt. Wenn ich damals schon gewußt hätte, wie uneins die Katholiken teilweise untereinander sind, hätte ich nur den Kopf geschüttelt. Dies zeigt wohl auch: Wer andere überzeugen will, sollte als Gruppe versuchen, nach außen hin geschlossen aufzutreten. Leicht gesagt, aber nicht umzusetzen, solange man in Zeitungen Schlagzeilen lesen muß wie: „Oberster katholischer Laie kritisiert Papst wegen Zölibat“. Durchaus umzusetzen im Kleinen: indem man vor Außenstehenden betont, wie groß und schön die Kirche ist und nicht, wie sehr einem manche Dinge auf die Nerven gehen.

Die Begegnung mit liberalen Katholiken war die Initialzündung, dann kam bei mir die Lektüre, die intellektuelle Beschäftigung mit dem Glauben, erst dann gelegentliche Besuche der Heiligen Messe. Nach und nach wurde der Glaube fester, gewann er Konturen. Und dennoch gibt es immer wieder Phasen des Zweifels: ein Gefühl der Leere, die Angst, daß Gebete ungehört verklingen und daß kein Gott sei. Am meisten helfen mir dann die Begegnungen mit anderen Menschen, mit ihrer Liebe, ihrer Not, ihrem Glauben. Andere mögen andere Gegenmittel gegen drohenden Glaubensverlust finden.

Bloggend frage ich mich, welche Rolle das Internet bei der Neuevangelisierung spielt. Für mich persönlich eine sehr marginale. Ich konnte einige Informationen herausfischen und erfahren, wann wo welche Veranstaltung stattfindet und wen es da draußen noch so alles gibt. Es ist freilich unverzichtbar als Korrektiv zu der in den meisten Printmedien veröffentlichten Einheitsmeinung.

Doch die entscheidenden Anstöße bekam ich immer woanders, das mag mein eigener, individueller Weg sein. Das Internet ist wichtig, gerade als niedrigschwellige und wenig aufwendige Möglichkeit, sich Informationen zu beschaffen. Deshalb schreibe ich weiter, auch wenn ich denke, daß ich auf andere Weise mehr bewirken kann: in direktem Kontakt mit Menschen in der realen Welt.

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