Freitag, 8. Oktober 2010

Warum ich nicht mehr gerne in Buchhandlungen gehe

Buchhandlungen habe ich früher geliebt. Stundenlang konnte ich da herumstöbern - wenn mich die Verkäuferin nicht vorher gefragt hat, ob sie mir behilflich sein könne. Heute habe ich für einen Freund ein Buchgeschenk gekauft – und auf einmal wurde mir bewußt, daß mich die Umgebung abstößt. Natürlich habe ich mir überlegt, warum das so ist. Hier das Resultat:
1. der pseudointellektuelle Buchhändler vom Typ Germanistik-Student im 25. Semester, der sich während des Kassierens am Handy lauthals über die furchtbaren Sauereien echauffiert, die zur Zeit in Stuttgart laufen.
2. das linksliberale Mainstream-Sortiment, das einem von den Regalen in seiner ganzen breitspurigen Dürftigkeit entgegenkreischt. Das ist wirklich nichts dabei, was mich interessiert.
3. die Kundschaft, beispielhaft repräsentiert durch jene verhärmt wirkende Mittfünfzigerin mit lederner Haut, grauem Bürstenhaarschnitt und Süddeutscher Zeitung unter dem Arm, die sich beim pseudointellektuellen Buchhändler erkundigt, ob „Sie noch was von 'Ljossa' da haben“ (wahrscheinlich hat sie den Namen gestern in ihrem Kulturradio zum ersten Mal gehört und nur den letzten Bestandteil behalten).
Auf der Flucht gerate ich in einen jener mehrstöckigen Büchertempel, die der gebildete Literaturfreund höchstens mit Naserümpfen betritt. Und was sehe ich da? In der Mitte ein großer Tisch, voll beladen mit den roten Büchertürmen einer gewissen, nicht hilfreichen Neuerscheinung. (Beim pseudointellektuellen Qualitätsbuchhändler gibt's die höchstens ganz oben in der rechten Regalecke - das Geschäft will er sich denn doch nicht ganz entgehen lassen). Und neben den roten Türmen, o Wonne: Udo Ulfkotte! Manchmal verschafft mir sogar eine Buchhandlung meinen inneren Reichsparteitag.