Die Mißbrauchsfälle, die zwangsläufig daraus folgende Medienkampagne gegen die Kirche, die sinnbildlich zum Ausdruck kommt auf dem Titelblatt des "Spiegel" (des selbsternannten Sturmgeschützes der Demokratie, das einer der Kommentatoren von Lichtschlags hervorragendem Artikel sehr treffend als "Zeitgeist-Dreckschleuder" bezeichnet), die Fehlinterpretation eindeutiger Statistiken, Opi Geißlers Einlassungen und letztlich die Verweigerung der Medien und vieler anderer, den tatsächlichen Ursachen dieser widerwärtigen Verfehlungen einiger Priester nachzugehen, weil man unbedingt den Zölibat als Hauptschuldigen ausmachen will: Das alles hat bei mir zunächst ein Gefühl des Überdrusses hervorgerufen. Diese alle paar Monate aufbrandenden Kampagnen - wir kommen wohl nicht um sie herum, solange die Kirche wie ein Fels in der Brandung des Zeitgeists steht und unser Heiliger Vater trotz oder gerade wegen seiner sanften, leisen, klug abwägenden Art der größte Gegner der neuen Zivilreligion ist.
Dennoch: Das Ganze hat mir wieder gezeigt, wo ich stehe. Denn ich hatte in letzter Zeit oft mit Glaubenszweifeln zu kämpfen. Aber ist Zweifel überhaupt das richtige Wort? Ich habe über eine intellektuelle Auseinandersetzung zum Glauben gefunden. Doch so sehr ich auch intellektuell überzeugt bin, so schwer fällt es mir, gerade hier in Deutschland emotional dabei zu bleiben. Ich beobachte wie die Kirche in verschiedene Lager zerfällt, die einander bekämpfen. Und wie sehr das in das Leben jeder Gemeinde hineinwirkt. Vor einiger Zeit erzählte mir ein Meßdiener einer liberalen Gemeinde voller Schadenfreude, wie ein Priester einmal einer älteren Dame die Mundkommunion verweigerte. Empörend genug. Dann lerne ich zufällig jene ältere Dame kennen, sie erzählt mir diese Geschichte ebenfalls. Und einige weitere. Sie verfolgt jenen Priester, der ihr Unrecht getan hat, seitdem voller Haß. Und diese Episode scheint mir charakteristisch zu sein für den Zustand vieler Teile der Kirche in Deutschland. Da frage ich mich: Muß das wirklich sein? Aber auch: Wie kann ich da Heimat finden? Will ich das überhaupt?
Ich lerne in der Kirche viele Menschen kennen, die sich an ihrem antirömischen Affekt abarbeiten. Ich lerne aber auch "Konservative" kennen, die sich verbissen und voller Haß auf die Welt in ihr Milieu zurückziehen, die den Eindruck erwecken, als würden sie nicht an Gott glauben, sondern an den Glauben glauben, die überall den Teufel vermuten, nur nicht in ihren eigenen Angelegenheiten, und denen keine Verschwörungstheorie dumm genug ist (z.B. die "Gänswein-ist-ein -Freimaurer-Theorie"). Und ich lerne, leider, viel zu wenige fröhliche und gelassene Katholiken kennen: Denn fröhlich und gelassen sollte man sein, wenn man seinen Glauben richtig verstanden hat. Fröhlich und gelassen, nicht verkrampft, bedrückt und voller Haß.
Natürlich darf man nicht von Einzelbeobachtungen auf das Ganze schließen, von persönlichen Erfahrungen auf die Richtigkeit der Lehre. Und dennoch kann man seine Gefühle nicht ausschalten. Ich fühle mich oft heimatlos. Ich helfe mir damit, daß ich die vielen guten Erfahrungen mit Katholiken, die es natürlich auch gibt, aufschreibe - gerade wenn die negativen überwiegen. Aber manchmal frage ich mich: Muß ich auswandern, um katholisch bleiben zu können, um mit dem Herzen und nicht nur dem Verstand dabei bleiben zu können?
Und dann kommen eben diese ekelhaften Mißbrauchsfälle und die Medienkampagne, die mir zwei Dinge zeigen:
1. daß es wirklich schwer ist, in Deutschland katholisch zu sein und gelassen und fröhlich zu bleiben. Da werden gewisse Rückzugstendenzen für mich gleich wieder verständlicher.
2. noch viel wichtiger: Ich sehe wieder, wie sehr gelogen wird, wenn es um die Kirche geht. Daß Fakten bewußt verdreht werden, um der Kirche zu schaden. Wie kaltblütig die Opfer des Mißbrauchs instrumentalisiert werden für den Kampf gegen den Zölibat. Ich vergleiche den Artikel im "Spiegel" mit Lichtschlags Artikel. Ich denke wieder daran, wie sehr der Papst Fels in der Brandung des Zeitgeists ist.
Und dann weiß ich wieder, wo ich stehe und wo ich stehen will, selbst wenn ich Zweifel habe. Dann weiß ich auch wieder, daß ich um meinen Glauben kämpfen will, selbst wenn ich irgendwann denken sollte, daß ich ihn verloren habe. Einfach deshalb, weil schlechte Gefühle und Erfahrungen nicht das Wesentliche sind. Ihr Zweck ist allein, mich zum Durchhalten aufzufordern.
Weißt Du, irgendwann ist die Schmerzgrenze erreicht, da tut dann nichts mehr weh. Laß die Deutsch-Katholiken mit ihrem traditionell protestantischen Herzen sich doch abarbeiten. Es ist schön, wenn man bereits erlöst ist und das nicht noch selbst tun muß!
AntwortenLöschenGutes Post.
AntwortenLöschenDas schöne Gefühl, dass man in einer guten Glaubensgemeinschaft hat ist zwar schön, aber auch nur ein Gefühl und daher für den Glauben nicht so besonders wichtig. Ich merke immer wieder, dass diese Freude am Glauben und am Katholischsein kaum aus der Gemeinschaft allein hervorgeht, sondern tiefer ist. Sie kommt vom Heiligen Geist.
Von daher ist die beste Glaubengemeinschaft auch die mit dem Heiligen Geist ;-) Dann kommt die Freude von ganz alleine und auch die Kraft mit den ganzen unguten Glaubensgemeinschaften, den allzu progressiven und den all zu konservativen umzugehen.