Sonntag, 10. Juli 2011

Ein leidiges Thema

Auf der Internetseite direktzu.kardinal-meisner.de hat Kardinal Meisner kürzlich die Haltung der Kirche zur Homosexualität erläutert. Er beantwortete damit die Frage eines Lesers. Ich persönlich mag solche Fragen ja eigentlich gar nicht mehr hören, sie gehen mir auf die Nerven, und das geht wohl auch anderen so.

Doch so einfach darf man es sich nicht machen. Kardinal Meisner hat die Frage ernstgenommen und hervorragend beantwortet, und genau dies muß die Kirche tun. Immer und immer wieder. Denn für diejenigen, die solche Fragen stellen, sind diese nicht nur wichtig, sondern oft sogar zwingend. Wenn man ihre Denkvoraussetzungen betrachtet, erscheint das auch logisch. Zu den Dogmen der Zivilreligion gehört es nun einmal, daß Homosexualität nicht nur zu tolerieren ist, sondern in sich gut ist. Niemand, der heute im Westen lebt, kann behaupten, niemals mit solchen Gedanken konfrontiert gewesen zu sein. Es wird tagein, tagaus wiederholt. Und natürlich glaubt man es dann, weil man in der Regel das glaubt, was immer wieder gesagt wird. Die Grundannahme, von der obige Fragesteller ausgehen, ist also: Homosexualität ist gut. Auch anderen Fragen, die mir mittlerweile ziemlich auf die Nerven gehen, liegen solche Lehrsätze zugrunde, etwa: „Alles, was Männer können, können Frauen auch“ (=> Frauenpriestertum) oder: „Wer keinen Sex hat, ist unglücklich“ (=> Zölibat).

Doch dann erfährt man, daß die Kirche das anders sieht. Das ist irritierend. Die erste Reaktion ist natürlich: Die Kirche hat nicht recht. Doch der Fragende fühlt sich auf eine unerklärliche Weise zu der Kirche hingezogen, sie weckt ein leises Interesse. Er wünscht sich dazuzugehören, und er wünscht sich, daß die Kirche gut ist. Doch kann sie das sein, wenn sie den Lehrsätzen widerspricht, die die Gesellschaft für unantastbar hält?

Wenn man sich der Kirche langsam annähert, kann man so in einen Zwiespalt hineingeraten, der einen verwundet oder sogar zerreißt: Weil man auf der Suche nach der Wahrheit nicht weiterkommt. Deshalb ist es wichtig, daß Katholiken, die in ihrem Glauben gefestigt sind, solche Anfragen nicht zurückweisen. Es ist immer richtig, Fragen zu stellen. Und oft will der Fragende der Kirche gar nichts Böses, im Gegenteil. Er will, daß die Kirche gut ist.

Doch wenn er an diesem Punkt weiterdenkt, verfällt er leicht einem Irrtum: Er denkt, daß die Welt vorgeben darf, was gut ist. Die Welt, das heißt in unserem Fall: Gesellschaft, Staat und Medien, linke Ideologie, säkulare Glaubenssätze. Er denkt, die Welt könne nicht irren und die Kirche müsse sich anpassen. Damit ist er freilich gedanklich auf dem Irrweg, der heute von der Mehrheit beschritten wird. Doch auch die Kirche und vor allem einige ihrer Vertreter sind daran schuld, daß dieser Weg heute so verlockend ist: Zu oft haben sie Weltanpassung gesucht, wenn sie Grenzen hätten zeigen müssen. Oder nicht verstanden, daß sie sich zwar immer mit den Machthabern arrangieren müssen, sich ihnen aber nicht immer anpassen dürfen. Sie bieten oft dem Kaiser an, was Gottes ist. Sie scheuen den Konflikt mit dem Staat. Oder sie glauben am Ende selbst, daß die Gesellschaft die Kirche formen darf und daß es richtig ist, daß die Kirche unter die Vormundschaft des Staates gestellt wird. Bis zum bitteren Ende.

Und da hilft nur eins: Die Kirche muß ihre Lehre offen, deutlich und immer wieder in der Welt vertreten. Sie muß die Differenzen zu weltlichen Werten zeigen und nicht verwischen, auch dann, wenn es schmerzlich ist. Wenn sie darauf verzichtet nimmt sie den Suchenden und Fragenden die Chance, zur Wahrheit zu finden.

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