Sonntag, 10. Juli 2011

Der Papst und ...

Der Sendezeit-Blog hatte einige Blogger gebeten, über ihr persönliches Verhältnis zu Papst Benedikt zu schreiben. Die Idee ist schön, sie hat mich zum Nachdenken angeregt. Auch wenn ich nicht sehr viel dazu zu sagen habe. Ich bin Papst Benedikt oder damals noch Kardinal Ratzinger weder, wie einige Verfasser der Beiträge, persönlich begegnet, noch bin ich die eifrigste Leserin seiner Schriften.

Früher wußte ich von ihm nur, daß er der „Panzerkardinal“ ist. Ein unmißverständliches, brutales Wort, ein Wort wie ein Hammerschlag, ein Wort, das den Bezeichneten auf eine Rolle festnagelt. Doch die Bilder spielten nicht mit. Auf vielen Photos wurde er ungünstig gezeigt, und doch hat jedes einzelne das Klischee vom Panzerkardinal widerlegt. Ich wußte damals noch nichts über seine Theologie, und es interessierte mich auch nicht. Doch ich interessierte mich für die Medien und ihre Wirkung, ich hörte das Wort „Panzerkardinal“ und es weckte in mir Assoziationen von Unerbittlichkeit, Härte und martialischer Stärke. Auf den Photos sah ich jedoch einen kleinen, sanft und zerbrechlich wirkenden Mann, dessen Augen liebevoll blickten und immer so aussahen, als würde er über irgendetwas ein wenig staunen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich noch nicht weiter mit seinen Gedanken oder seiner Person beschäftigt. Aber er weckte in mir Sympathie. Nur eine winzige Andeutung seiner Persönlichkeit konnte auf den Photos eingefangen werden, und doch setzte sie ein Fragezeichen hinter das Bild, das von ihm verbreitet wurde und das die Medien kreiert hatten.

Erst nach dem Tod von Johannes Paul II. rückte er wieder in mein Blickfeld. Ich weiß nicht warum, aber von Anfang an wünschte ich ihn mir als neuen Papst. Seine Predigt zur Eröffnung des Konklaves beeindruckte mich. Aber seine Art zu sprechen berührte mich: seine sanfte, leise, manchmal stockende Stimme. Nicht die Stimme eines Menschen, der dazu geschaffen ist, vor einem Millionenpublikum zu sprechen. Oder eines Menschen, der redet, weil er sich gerne reden hört, der gerne im Mittelpunkt steht, andere übertönt, ein Medienstar sein will. Einer Gesellschaft, in der sich die Lauten durchsetzen, die abgebrühten Profis der Selbstvermarktung, hielt dieser zurückhaltend, beinahe schüchtern wirkende Mann leise seine Analysen entgegen.

Nach der Wahl zeigte er sich auf dem Balkon. Er kam nicht wie ein triumphierender Sieger, sondern sah ein wenig erstaunt auf die Menge, die ihm zujubelte. Es wirkte noch nicht routiniert, als er seine Hände zum Winken erhob.  Hatte er sich nicht gewünscht, endlich Zeit zum Nachdenken und Schreiben zu haben und den Rest seines Lebens mit seinem Bruder zu verbringen? Er sah nachdenklich aus, als er sprach. Ein Mensch, dem eine Aufgabe auferlegt worden war, die ohne Beistand nicht zu schaffen ist. Und der mit jedem Blick, jeder Bewegung signalisiert, daß er das nie vergessen wird. Kein Sieg, kein Triumph, sondern wunderbar erhöht. Ein Mann mit scheuer Ausstrahlung und leiser Stimme, der nicht dazu prädestiniert schien, Stadien zu füllen. In dem Moment, als ich ihn auf dem Balkon sah, war ich tief bewegt. Es war, als wäre eine Verheißung wahrgeworden, eine Verheißung für die Stillen, Nachdenklichen und Zurückhaltenden, zu denen auch ich gehöre: Die Leisen werden gehört werden.

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