Sonntag, 10. Juli 2011

Sind wir cool?

Nein. Katholiken gelten nicht als cool. Es hat mehrere Gründe. Einmal historische. Die Rückständigkeit und der schlechte Bildungsstand der Katholiken galten lange Zeit als sprichwörtlich. Die Wurzeln dieser Idee sind komplex, reichen hinein bis in die Zeit der Reformation, und sicher kann man eine Linie ziehen über die Aufklärung hin zur Französischen Revolution, zur Zerschlagung des katholischen Bildungswesens, zum Kulturkampf und zum Aufstieg des protestantischen Bürgertums zum Leitmilieu. Doch über die Geschichte dieser Idee möchte ich jetzt nicht nachdenken.

Denn Katholiken haben auch gerade heute oft dieses Image des Biederen und Uncoolen, irgendwie Zurückgebliebenen, hinter der Zeit her Hinkenden. Liegt es an der Lehre? Liegt es daran, daß die katholische Kirche Ideen vertritt, die zur Gegenwart, zu der von den Medien immer wieder beschworenen hedonistischen Konsumgesellschaft nicht passen?

Ich glaube nicht. Denn auch mir war schon in sehr jungen Jahren aufgefallen, daß die katholische Kirche uncool ist. Und zwar deshalb, weil es im Religionsunterricht immer nur um Drogen und Betroffenheit ging und ich Schulgottesdienste besuchen mußte, die vor lauter berufsjugendlicher Anbiederei jeder 13-Jährigen die Schamesröte ins Gesicht trieben. Ich erkannte, daß Lieder, die den Intellekt beleidigen, und das Basteln von Tieren aus Stoffresten für irgendeinen guten Zweck weder cool noch heilsnotwendig sind. Von der „rückständigen“ katholischen Lehre, von einem Gott, dessen Liebe auch streng sein kann, hatte ich bis dahin noch nicht gehört. Ich wandte mich von der Kirche schon vorher ab.

Nicht die Lehre und nicht das vermeintlich Unzeitgemäße der Forderungen machen die katholische Kirche also uncool. Um das zu beweisen, reicht auch ein Seitenblick auf den Islam, dessen Forderungen sich noch viel weniger mit der modernen Gesellschaft in Einklang bringen lassen. Alles Mögliche wird über den Islam gesagt, aber nicht, daß er uncool ist.

Denn uncool ist immer nur das, was der Zeit nicht entspricht. Um uncool zu sein, braucht man also einen Platz in der Zeit, in der Geschichte. Uncool ist entweder Rückständigkeit oder mißlungene Anpassung an den Zeitgeist. Insofern könnte die Kirche gar nicht uncool sein, wenn sie sich selbst treu bliebe: Denn sie vertritt nicht eine beliebige Mode, sondern die Ewigkeit. Ihre Werte bleiben gleich, weil sie schon vor Beginn der Geschichte da waren und nicht im Strom der Zeiten stehen, sondern darüber.

Uncool wird sie, wenn sie ihren transzendenten Charakter verleugnet. Wenn sie versucht, sich bloß als Teil der Welt zu begreifen, der den Bewegungen der Welt unterworfen ist. Wenn sie selbst nicht mehr zeigt, daß sie über die Welt hinausragt. Daß sie Teil der unveränderbaren Wirklichkeit ist. Wenn die Kirche als uncool gilt, ist das allein ihren Vertretern geschuldet, die deren wahren Charakter verkennen. Die glauben, die transzendente Welt für den Zeitgeist vereinnahmen zu können, während die Kirche doch alles umfaßt, auch unsere Zeit.

Die Kirche ist also nicht deshalb uncool, weil sie unmodern ist, sondern weil sie versucht, modern zu sein. Das heißt freilich nicht, daß sie ihre Inhalte in die Sprache der 50er-Jahre packen soll und möglichst bieder und hausbacken auftreten soll. Denn darum geht es nicht: Es geht einzig und allein um die Wahrheit. Die Kirche wirkt uncool, wenn der Bruch spürbar ist zwischen dem, was sie ist, und dem, was sie darzustellen versucht.

Oder, kurz gesagt: Es ist uncool, nicht zu sich selbst zu stehen.

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