Sonntag, 26. Juni 2011

Persönliche Gedanken über den alten Ritus

Die Alte Messe hat mich schon oft getröstet. Wenn ich Glaubenszweifel habe, führt sie mir das vor Augen, was das zweifelnde Ich übersteigt: das Heilige, das überzeitliche Mysterium, die andere Welt, die die Wirklichkeit ist.

Wenn ich mich in der Kirche heimatlos fühle, gibt sie mir Geborgenheit. Heimatlos fühle ich mich immer dann, wenn ich einen Bruch bemerke zwischen der Gegenwart, meiner Lebenswelt in einer abgeklärten, modernen Großstadt und der Art, wie sich die Kirche in Deutschland oft präsentiert: dieses provinzielle 70er-Jahre-Gefühl, die schief formulierten, gut gemeinten Fürbitten und die Momente der Peinlichkeit, wenn diese vorgetragen werden, die Lieder mit Kindergartentexten, diese heimelige Enge, die mich immer an die DDR erinnert, dieses Anbiedern an einen Zeitgeist, der sich schon längst woandershin bewegt hat, die Lethargie, die schwächliche Prinzipienlosigkeit ...

Doch die Heilige Messe aller Zeiten ist zeitlos: Sie ist auch die Messe unserer  Zeit, weil sie sich immer treu bleibt.

Heute war ich in einer ordentlich gefeierten Messe in der neuen Form, zum ersten Mal seit Längerem. Ich zweifele nicht an der Gültigkeit der neuen Messe. Doch mittlerweile löst sie in mir oft Unbehagen aus. Ich lerne die Alte Messe besser kennen, zu verstehen und zu schätzen. Daneben erscheint mir die neue Messe  so zusammengestrichen, reduziert und zerstückelt  – wie eine kurze Nacherzählung eines Epos. Sie wirkt kalt und wenig anschaulich.

Es bereitet mir ästhetisches Unbehagen, bei der Wandlung das Gesicht des Priesters zu sehen. Oder die Gesichter der Konzelebranten hinter dem Volksaltar, wenn sie sich bemühen, andächtig zu schauen. Wenigstens erinnert das daran, daß man im Moment der Wandlung besser die Augen niederschlägt.

Es bereitet mir auch Unbehagen, daß in der neuen Messe alles so sehr vom Priester abhängt: Nur ein guter Priester kann diese Messe würdig feiern. Doch zu allen Zeiten hat es auch schlechte Priester gegeben. In der Alten Messe geht die Persönlichkeit des Priesters im Ritus auf und wird von ihr überdeckt. Sie ist stärker als die menschliche Schwäche des Zelebranten.

Ich empfinde die Schönheit der Alten Messe als ergreifend. Es fällt mir immer schwerer zu verstehen, was die Liturgiereform Gutes gebracht hat. Mir fällt nichts ein. Ich fange an, die Liturgiereform, diese Reform am Reißbrett, für eine der größten Narrheiten in der Geschichte der Kirche zu halten. Also setze ich meine Hoffnung auf eine Renaissance der jahrhundertealten, bewährten und gewachsenen Form.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.