Dienstag, 13. April 2010

Die Stunde des Thomas Morus

Ein englischer Anwalt will den Papst verhaften lassen. Das erinnert daran, dass im Vereinigten Königreich die Katholiken für Jahrhunderte ihrer Bürgerrechte beraubt wurden, nachdem König Heinrich VIII. sich selbst an Stelle des Papstes als Kirchenoberhaupt eingesetzt hatte. Aus gegebenem Anlass daher die Buchempfehlung „Die Stunde des Thomas Morus – Einer gegen die Macht“ von Peter Berglar.  

Zur Begründung ein Auszug aus dem Vorwort: „Die Geschichte Thomas Mores, allein schon als historisch-biographischer Stoff, ist fesselnd und erzählenswert. Aber darüber hinaus ist sie geeignet, uns persönlich zu treffen; sie ist im besten Sinne „aktuell“ ... Der Sache nach ging es um die Scheidung und Wiederverheiratung des Königs und, damit verknüpft, um die Trennung der englischen Kirche von Rom ... Aber es ging noch um anderes: um den Anspruch der staatlichen Macht nicht bloß auf faktischen Gehorsam, sondern auf aktive Zustimmung. Erstmals sollte es nicht nur genügen, obrigkeitliche Entscheidungen einfach hinzunehmen, sondern gefordert war, sie ausdrücklich gutzuheißen. Nicht Rebellion wurde verfolgt, sondern bloße Gesinnung“. 

Und weiter: „Noch ist in der westlichen Welt unser Freiraum unvergleichlich größer als der Mores. Wir sind nicht auf das bloße Nicht-Zustimmen zu Unrecht oder, allgemein, zu dem, was unseren Überzeugungen entgegenläuft, angewiesen, sondern wir können unsere Standpunkte aktiv vertreten und brauchen – noch – keinen Konsens zu heucheln, der nicht vorhanden ist. Wir wissen aber, daß das nicht überall auf der Welt so ist. Und auch um uns, in den freien und offenen Gesellschaften, wächst die Tendenz zur Uniformität der artikulierten Meinungen: möge jeder „glauben“, was er will – sagen soll er, was gefällt. Die Zwänge, welche die Konformität der Äußerungen und der sichtbaren Verhaltensweisen ohne Rücksicht auf innere Überzeugungen und persönliche Wahrhaftigkeit herbeiführen sollen, nehmen ohne Zweifel weltweit zu und sie sind keineswegs nur physisch-machtmäßiger Art. Damit aber gewinnt die „Stunde des Thomas Morus“ für uns den Rang von Beispiel und Programm.“
Geschrieben 1978 – und aktueller denn je.

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