Zum Frühstück gesundes Zeug gegessen, das von innen schön macht (Ananas, rechtsdrehenden Joghurt), keinen Kaffee dazu getrunken sondern warmes Wasser (wozu war das nochmal gut?), geduscht, am Main entlanggelaufen, wieder geduscht, Körperpeeling, Haare gewaschen, Haarkur rein, gewartet und dabei Fingernägel gefeilt, Haarkur ausgewaschen, Gesichtsmaske aufgelegt, mit Gesichtsmaske im Gesicht und Handtuch um die Haare und im Bademantel auf dem Sofa gesessen und Blogs gelesen, Gesichtsmaske abgewaschen, Augenbrauen gezupft, Haare gefönt, Haare auf Lockenwickler aufgedreht, mit Lockenwicklern auf dem Kopf zum Briefkasten gegangen und gehofft, daß mich niemand sieht, Fingernägel lackiert, mich mächtig in Schale geworfen, obwohl ich bloß in die Stadt wollte, Lidschatten (lila!) aufgetragen, Lidschatten wieder abgewaschen, weil er doof aussah, Wimpern getuscht, Lippenstift aufgetragen, losgezogen, um Schuhe zu kaufen und noch mehr Lippenstifte und goldenen Lidschatten und parfümierte Bodylotion. Und da habe ich mich dann doch gefragt: Zeige ich heute etwa eine übertriebene Neigung zur Putzsucht?
Über Putzsucht spricht heute niemand mehr, als Laster ist das in unserer vom Körperkult geprägten Zeit ziemlich aus der Mode gekommen. Dabei klagten schon die alten Römer über die Putzsucht der Frauen, und Tertullian widmete ihr eine ganze Schrift (De cultu feminarum), in der man nebenbei viel über die damaligen Frisurenmoden erfährt:
„Außerdem bringt Ihr noch Gott weiß was für Ungetüme von geflochtenem und gewebtem Haarwerk an, bald in der Form eines Hutes, gleichsam als Futteral für den Kopf und zur Bedeckung für den Scheitel, bald hinten als Wulst auf dem Nacken. Ein Wunder nur, daß nicht gegen Vorschriften des Herrn angegangen wird. Es gibt einen Ausspruch, niemand könne seinem Körpermaße etwas hinzufügen. Ihr fügt Eurem Gewichte noch eine Art von Kopfputz in der Form von Borten und Schildbuckeln hinzu, die am Nacken angeheftet werden müssen.“
(Tertullian, private und katechetische Schriften. Aus dem Lateinischen übersetzt von Dr. K. A. Heinrich Kellner. [Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 7] München 1912, S. 193f.)
Der Barockdichter Friedrich von Logau geißelte die Putzsucht ebenso wie der wortgewaltige Abraham a Sancta Clara. Die heilige Paula soll putzsüchtig gewesen sein, wurde aber durch Buße und ernsthafte Predigt davon abgebracht, Mozarts Stanzerl war auch putzsüchtig.
Da fällt mir ein, daß ich vor einiger Zeit ein altes, von den Jesuiten herausgegebenes Handbuch für Beichtväter durchgeblättert habe, in dem alle Fälle genauestens aufgeschlüsselt waren. Der Artikel über die Putzsucht dürfte die meisten Frauen beruhigen. Ich kann es jetzt nur sinngemäß wiedergeben, aber schlimm ist es nur dann, wenn eine Frau sich, kalt berechnend, für die Männer aufbrezelt. Wenn sie es aus einem angeborenen Drang heraus tut und weil sie sich halt gerne schön macht und wenn das Ganze nicht ausartet, ist es halbwegs okay. Gut. Aber ich würde schon gerne wissen, was die Jesuiten des 17. Jahrhunderts zum putzsüchtigen metrosexuellen Mann des 21. Jahrhunderts sagen würden. Empfehle jedenfalls erweiterte Neuauflage des Handbuchs.
Und mein Programm demnächst: Beauty-Tag für die Seele. Da bin ich dann hundertprozentig auf der sicheren Seite.
Köstlich! Auf die Neuauflage des Handbuchs bin ich aber auch gespannt.
AntwortenLöschenP.S.:Wobei ich leider jetzt im Nachgang sagen muss, dass ich als zugegeben etwas begriffstutziges Kind immer den Eindruck hatte, die Messe wäre vor allem dazu da, dass die Dorffrauen ihren Putz zeigen können.
AntwortenLöschenAuf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Das liegt sicher nur daran, daß die Dorffrauen bei uns eher in die Kategorie robuste, kopftuchbewehrte Landfrau fielen. Jetzt hast Du mich auf die Idee gebracht, daß ich an meinem Sonntagssputz noch ein bißchen arbeiten muß! Wo soll das bloß hinführen?
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