Gestern habe ich angefangen, die Autobiographie des österreichischen katholischen Publizisten Erik von Kuehnelt-Leddihn (1909-1999) zu lesen. Der Titel seiner Lebensbeschreibung - "Weltweite Kirche" - klingt zunächst rätselhaft, entpuppt sich aber als sehr treffend: Denn die weltweite Kirche war sein Lebensthema. Mit 38 Jahren gab er seinen Beruf als Hochschulprofessor an einer amerikanischen Universität auf, um zu reisen und dabei die weltumspannende Kirche in allen ihren Ausdrucksformen kennenzulernen.
Der Reichtum seiner Beobachtungen, Erlebnisse und seines Wissens, seine Neugier und Entdeckerfreude machen seine Autobiographie zu einer wirklich spannenden Lektüre. Verfaßt hat er sie in seinem letzten Lebensjahr: Ihrem Tonfall ist anzumerken, daß es ihn drängt zu erzählen und zu bekennen. Er schreibt lebendig und heiter, nicht streng auf Form bedacht. Und er schreibt so, daß man ihn beim Lesen unweigerlich lieb gewinnt. Manchmal geht er zwar recht schonungslos mit sich ins Gericht, mit dem egoistischen und boshaften Kind, das er mal war. Aber gerade in diesen Passagen wird sein Lebensbericht transparent für die Tradition, in der er steht: Augustinus hat sie mit seinen "Confessiones" begründet. Wer sein Leben betrachtet, seine Wege und Irrwege, seine geistige Entwicklung beschreibt, muß sich eben auch zu seiner Schuld bekennen.
Ich bin mit der Lektüre noch am Anfang, aber zwei Dinge haben mich schon besonders beeindruckt: die Präzision, mit der sich der 90jährige Details seiner Kindheit in Erinnerung rufen kann und seine so kluge und abwägende Art zu urteilen, die er beibehielt, obwohl er mit vielen Widerständen zu kämpfen hatte - schließlich war er als scharfer Kritiker der Französischen Revolution und ihrer Folgen ein einsamer Rufer in der Wüste.
Es verspricht, spannend zu werden.
Erik von Kuehnelt-Leddihn: Weltweite Kirche. Begegnungen und Erfahrungen in sechs Kontinenten 1909-1999, Stein am Rhein: Christiana 2000.
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