Sonntag, 17. Mai 2009

Sonntagnachmittag

Strahlendes Wetter, sonntags wird nicht gearbeitet, und ich schaue in eines meiner Lieblingsbücher hinein: Dostojewskij, "Schuld und Sühne", in der großartigen Übersetzung von Werner Bergengruen.  Auch Swetlana Geiers Übersetzung von 1994 soll gut sein, habe ich gehört. Ich habe sie mir nie angeschafft, weil mich der Titel so sehr stört: "Verbrechen und Strafe" - das klingt nach law and order, sex and crime und irgendwie nach Richterin Barbara Salesch.  Es klingt kalt und juristisch. Der russische Originaltitel soll in seiner genauen Bedeutung irgendwo zwischen "Schuld  und Sühne" und "Verbrechen und Strafe" liegen. Wie auch immer: "Schuld und Sühne" trifft es im Deutschen einfach besser. Der Titel "Verbrechen und Strafe" tilgt den metaphysischen bzw. religiösen Gehalt des Romans, der aber eigentlich nicht weggedeutet werden kann. Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen: Dostojewskij, der größte Romancier aller Zeiten, war ein tiefgläubiger Christ, und das hat er in seinen Romanen nicht verschwiegen.  Sein Werk läßt sich nicht herunterbrechen auf den Versuch, ein soziales Anliegen zur Sprache zu bringen. Das hat die marxistische Literaturwissenschaft versucht und ist daran gescheitert.

Hier nicht der letzte, sondern der vorletzte Satz:
"Allein hier beginnt bereits eine neue Geschichte, die Geschichte der stufenweisen Erneuerung eines Menschen, die Geschichte einer stufenweisen Wiedergeburt, eines stufenweisen Übergangs aus einer Welt in eine andere, eines stufenweisen Vertrautwerdens mit einer neuen, bisher völlig unbekannten Wirklichkeit."

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