Vorgestern saß ich abends mit einer Freundin im Café, in der Nähe der Hauptwache. Es wurde laut. Von Ferne hörten wir Geräusche wie aus einem Fußballstadion, Schreie, Schlachtengesänge. Je länger wir lauschten, desto deutlicher konnten wir einen Ruf heraushören: allahu akbar. Ich hatte gedacht, daß die geplante Kundgebung mit Pierre Vogel, einem Ex-Boxer und Islam-Konvertiten, von der Stadt verboten worden war. Pierre Vogel gehört zu den Salafisten, einer extremistischen und gefährlichen Ausprägung des Islam. Später erfuhr ich, daß das hessische Verwaltungsgericht das Verbot gekippt hatte. Der fanatische Prediger und seine Anhängerschaft durften sich auf dem Roßmarkt versammeln.
Nach dem Essen wollten wir schauen, was in Frankfurt los war. Überall in den Straßen waren Polizeiautos. Als wir am Roßmarkt ankamen, hatte sich die Versammlung schon weitgehend aufgelöst. Dennoch bot sich auf dem Platz ein Bild, das mit der Modernität der hessischen Bankenstadt merkwürdig kontrastierte: Gruppen von Frauen im Tschador, die uns böse Blicke zuwarfen, bärtige Männer in weißen Gewändern. Es lag Aggressivität in der Luft. Die Menschen, die Frauen in Schwarz wirkten uniformiert, und mir kam der Gedanke, daß der Islam die Religion der Massengesellschaft ist. So wie das Christentum die Religion des bürgerlichen Individuums war, das mehr und mehr durch den Massenmenschen verdrängt wird. Dem Massenmenschen, gesteuert durch die Massenmedien und die Konsumbedürfnisse, die ihm immer wieder neu eingeflüstert werden, sind individualisierende Glaubenspraktiken wie das persönliche Gebet zu einem ihn liebenden Gott fremd. Auch der Islam kennt Derartiges nicht, er kennt nur eine ferne, unnahbare, unberechenbare Gottheit, dem sich alle zu unterwerfen haben, ohne Unterschied. Dieses in den schwarzen Tschador gehüllte Kollektiv ist die religiöse Gestalt der Massengesellschaft.
So gehört die Gefolgschaft des Ex-Boxers natürlich nicht dem untergehenden Bildungsbürgertum an. Später sagte ein Mann in einem Fernseh-Interview, unter den Zuhörern seien Hunderte Kriminelle gewesen, die durch den Islam zu anständigen Menschen geworden seien. Eine ältere Frau, die mit einem Schild allein in einer Ecke stand, noch lange nachdem sich die Gegendemonstration aufgelöst hatte, wurde von mehreren muslimischen Männern aggressiv angegangen. "Menschenrechte statt Scharia" stand auf ihrem Schild, eine Provokation für die Moslems. Die Frau bewies einen Mut, für den ich sie bewunderte. Ebenso ein junger Mann, ein Kroate?, der mit einem Rosenkranz in der Hand mitten auf dem Platz stand. Als ein bärtiger Mann ihm einen Flyer geben wollte, hielt er ihm den Rosenkranz entgegen, deutete auf den Flyer und sagte, sehr ruhig und gelassen: "Das brauche ich nicht."
Und mit diesem Satz machte er deutlich, woran es uns mangelt und was uns helfen könnte, die Ausbreitung des Islam in Deutschland zu verhindern: Mut und Überzeugung. Der Islam hätte keine Chance, wenn es mehr überzeugte Christen gäbe. Christen, die ihren Glauben nicht relativieren, sondern ihn weitergeben wollen. In dem Wissen, daß der Herr jeden retten will. Manchmal denke ich: Die Muslime wurden hierher geschickt, damit sie das Christentum kennenlernen können. Wir versagen und nehmen ihnen die Chance, Christus, der für uns heute am Karfreitag sein Blut vergossen hat, als ihren Erlöser anzunehmen.
Und die deutsche Gesellschaft glaubt immer noch, sie könnte den Islam mit den Verlockungen des Säkularismus neutralisieren. Doch wer gibt schon eine Religion für das Nichts auf?
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