Für die Krise der Zeitungen machen manche Journalisten - und es sind nicht die besten - gerne das Internet verantwortlich: weil es dort Informationen umsonst gibt, sagen sie. Doch im Grunde fürchten sie das Netz: Denn jedes Halbwissen findet dort einen Spezialisten, der es zerpflückt. Und das ist vielleicht die beste und wichtigste Funktion des Netzes: Wenn es als Gegenöffentlichkeit und Korrektiv dient. Auch wenn das Kluge, Gute und Wichtige oft schwer zu finden ist und im Datenmüll zu versinken droht.
Wie dem auch sei: Jules Barbey d'Aurevilly (1808-1889) hätte sich über die Krise nicht gewundert. Er hätte sie wahrscheinlich begrüßt, denn von Zeitungen hielt der große Literaturkritiker und Schriftsteller nicht sehr viel. (Was hätte er wohl zum Internet gesagt? Überhaupt: ein Kulturpessimist auf einer Zeitreise in die Zukunft - das wäre ziemlich gemein.) Für Journalisten hatte er nur Giftpfeile übrig - treffsicher abgeschossen und tödlich:
"Von dieser Regel gibt es so gut wie keine Ausnahme: Wer sich nur mit Journalismus befaßt, verliert sein Talent, wenn er welches hat, und verzehrt das Korn, bevor es reif wird, falls ihm die edle Ernte überhaupt bestimmt war.
Journalist ... Schriftsteller ... man möge doch bitte diese beiden Arten von Schreibern nicht verwechseln. Obwohl beide Feder und Tintenfaß verwenden, sind sie sich weder gleich noch ähnlich. Der Erstbeste, der dreist genug ist und einen Fetzen Papier hat, schreibt darauf, was ihm einfällt, und schon ist er ein Journalist, während man zum Schriftsteller offenbar doch etwas mehr braucht...
Von Berufs wegen ist der Journalist so wenig zum Schriftsteller bestimmt wie der Rechtsanwalt oder der Arzt.
Jämmerlicher Journalismus, der alles zu dürfen glaubt und die Geschichte der verrinnenden Minute aufschreibt; jämmerlicher noch ist die Geschichte selbst! Denn das tägliche Einerlei der Völker ist so albern wie das des Einzelnen, und selbst ein Genie würde vor Ungeduld vergehen, wenn es sie erzählen müßte."
(Jules Barbey d'Aurevilly: Feinheit des Geistes rührt von Niedertracht, Berlin 2008, S. 101f.)
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